Endlich und einen Tag früher als besprochen kamen wir am späten Nachmittag in Hopeland an. Schon von weitem wurden wir von vielen Hunden am Tor bellend begrüßt. Von klein bis groß, gold bis rot, gescheckt, gepunktet oder getigert, es war ein reiner Zirkus. 115 Hunde nennen diese Villa ihr Zuhause. Es gibt Hunde die bleiben nur 2 Wochen, manche 2 Jahre und manche ihr ganzes Leben. Wir haben sie alle kennen lernen dürfen und hatten einen harten Start. Unser Zimmer war verschimmelt, es roch überall nach nassem Hund und alles war sehr unhygienisch auf den ersten Blick. Die ersten 3 Tage waren der Horror für uns. Wir waren uns sehr sicher, hier nicht länger als einen Monat bleiben zu wollen. Es gibt sehr viele Regeln und unterschiedliche Hunderudel die sich über den Tag nicht begegnen durften. Hunde wohnten im Haus aufgeteilt auf sechs Räume, sie wohnten im Außengehege in 12 Käfigen, und manche wohnten dauerhaft draußen im Innengehege um das Haus herum. Über den Tag wurde zwei mal gefüttert und geputzt. Dabei war die Fütterung eine ebenso große Herausforderung. Viele unterschiedliche Hunde bekamen unterschiedliche Mengen an unterschiedlichem Futter mit unterschiedlicher Medizin. Insgesamt brauchten wir drei ganze Wochen um alles zu verinnerlichen und reibungsfrei durchzuführen. Auch den Geruch nahmen wir nicht mehr war. Ich entfernte den Schimmel in unserem Zimmer und baute einen Tisch für Ragle.
Wir hatten uns integriert und eingelebt. Ragle wurde der Küchenchef und ich war das Mädchen für alles. Gefühlt habe ich in den acht Wochen unserer verbrachten Zeit das ganze Haus einmal durchrepariert. Wir arbeiteten hart und das 5 Tage die Woche von acht Uhr früh bis zehn Uhr abends. Die schönste Belohnung war es aber zu sehen wie fast alle Hunde ihre Scheu verloren und regelmäßig Streicheleinheiten verlangten. Lasst mich euch aber einen typischen Tagesablauf beschreiben.
Meistens waren wir schon halb acht unten um in Ruhe einen Kaffee trinken zu können, bevor alle wach werden und die Nachtruhe vorbei ist. Im Wohnzimmer leben meist junge Hunde und viele ältere mit bestem Benehmen. Sie stören einen nicht beim Kaffeegenuß und wollten eher noch eine Streicheleinheit am Bauch bevor sie sich die Mühe machten aufzustehen. Ich muss euch allerdings nicht erzählen wie der Raum riecht und aussieht mit 20 Hunden nach 10 Stunden im Raum ohne, dass einer raus darf. Nachdem alle Stoffwechselendprodukte beseitigt waren ließen wir die ersten Hunde aus den Zimmern sowie aus den Käfigen. Das ganze wechselt dann um halb 9, so dass jeder Hund der im Haus lebt kurz sich die Pfoten vertreten konnte.
Der Käfigwechsel und Raumwechsel sind zwei unterschiedliche Zeitpläne die nicht verwechselt werden durften. Wir selbst haben viele Hundekämpfe erlebt, getrennt und auch Hunde begraben müssen die aufgrund von Krankheit oder einem menschlichen Fehler gestorben waren oder getötet wurden.
Pünktlich um neun war es Zeit für die Fütterung. In einer definierten Reihenfolge bekam jeder Raum, jeder Käfig und jeder Hund sein Essen. Auch mussten alle Hunde vorher aufgetrennt werden in eine definierte Konstellation. Auch die best befreundeten Hunde wurden wenn es um das Essen geht zu Feinden, daher war es enorm wichtig. Es gabe Hunde die konnten sich auf den Tod nicht leiden, während andere sich währen des Essens aus Neid an die Gurgel gehen würden. Vielleicht ist es ja jetzt ersichtlich warum wir drei Wochen brauchten um uns alles einzuprägen (ganz zu schweigen von den Namen der Hunde).
Einen zweiten Kaffee und ein leckeres Frühstück gab es dann nachdem alle Hunde gegessen hatten. Natürlich waren wir nie allein dort. Wir haben während unseres Aufenthalts ein dutzend Menschen kennengelernt und waren teilweise mit neun Personen oder mal nur zu viert für alles verantwortlich. Nach dem Frühstück wurden die Aufgaben verteilt. Jede Etage im Haus, sowie der Balkon und ein Nebengebäude musste gefegt, gesaugt und zweimal gewischt werden. Die Käfige sowie alle Außenbereiche mussten von Kot gesäubert und aufgeräumt werden, alle Wasserschalen gefüllt, die Küche geputzt und 115 Schüsseln von der Fütterung gereinigt werden (ohne Geschirrspüler). Auch mussten alle Decken, Handtücher, Bettbezüge und Bettschoner kontrolliert, neu gespannt oder gewechselt werden (Hunde lieben es die Couch zu zerstören). Nach dieser ersten Putzwelle des Tages hatte jeder ein bisschen Zeit für sich und es mussten lediglich die Zeitpläne für das Wechseln der Ausgehzeiten auf die Spielwiese eingehalten werden. Nebenbei gingen wir im abwechselnd zur Mülltonne an der Straße um die täglichen 30kg Müll zu entsorgen. Ganz nebenbei musste noch die Wäsche gewaschen und aufgehängt werden. Wenn dann noch Zeit übrig war, nahmen wir uns meistens mehrere Hunde und gingen spazieren. Nach dem Mittag dann kam die schönste Zeit des Tages. Alle jungen Hunde und Welpen durften unter Aufsicht raus in die Sonne. Die älteren Hunde genossen die Sonne und dösten vor sich hin während alle jüngeren Hunde fleißig spielten, überall Löcher buddelten und generell nur Unsinn im Kopf hatten. Wie auch ein Baby in dem Alter musste alles in den Mund genommen werden und alles aus Plastik wurde generell für die Zahnpflege genutzt. Es war jeden Tag aufs neue eine Freude mit Welpen und jungen Hunden zu spielen und zu kuscheln. Gegen 17 Uhr wiederholte sich die Fütterung und die zweite weniger intensive Putzwelle kam. Danach kümmerten sich abwechselnd verschiedene Freiwillige um das gemeinsame Abendessen, andere nutzten die Zeit und gingen noch einkaufen. Allerdings keine Lebensmittel. Im Gegenzug zu unserer Arbeit fehlte es uns nichts. Der Kühlschrank war immer voll.
Halb 10 abends dann waren alle Hunde an ihrem Schlafplatz und mussten nicht mehr beaufsichtigt werden. Meistens saßen wir alle noch gemeinsam am Tisch, tranken Wein und Bier, hörten mal laut Musik oder redeten leise über den Tag und reflektierten die Ereignisse.
Hunde kommen nicht einfach als Straßenhund nach Hopeland. Straßenhunde gibt es tausende in Griechenland. Aber fast allen geht es sehr gut für die Verhältnisse. Wir haben selten unterernährte Hunde auf der Straße gesehen. Sie leben frei, werden aber überall gefüttert und oft auch kastriert und markiert.
Hunde in Hopeland kommen nur als Notfall. Sterbenskrank, hochschwanger oder verletzt. Auch kommen oft Hunde die eingeschläfert werden sollten. Es reicht wenn ein Hund nach einem Menschen schnappt um ihn einschläfern zu lassen. Es ist erst ein paar Jahre her, dass die Gesetzeslage angepasst wurde und nun Menschen die einen Hund grundlos töten oder quälen bestraft werden. Denn wie bei den Menschen ist für das Verhalten des Hundes meistens nicht der Hund selbst schuld, sondern die Besitzer oder andere böswillige Menschen.
Freudigerweise verabschiedeten wir auch viele Hunde die adoptiert wurden. Als Teil von einem gemeinsamen Netzwerk wurden während unserer Zeit dort viele Hunde nach Deutschland, Frankreich, Finnland und in andere europäische Länder transportiert. Gerade Welpen blieben oft nur ein paar Wochen.
Insgesamt blieben wir vom 14.12.2021 bis zum 03.02.2022. Doppelt so lange wie wir eigentlich geplant hatten. Wir hatten uns verliebt in die Gemeinschaft mit all den kuschelbedürftigen Hunden und den tollen Menschen die uns in der Zeit dort begleiteten. Wir lernten sehr viel über das Verhalten von Hunden, über Alpha Tiere und ihre Rolle im Rudel, über Krankheiten und Symptome, über Vertrauen und Zeichen die ein Hund kommuniziert. Es war sehr hart zu gehen ohne einen Hund mitzunehmen, was heißt einer…wir hätten sie am liebsten alle mitgenommen.
Falls einer von euch dieses private Tierheim (was keine staatliche Unterstützung bekommt, wie alle Tierheime in Griechenland) gerne direkt und ohne Umwege unterstützen möchte verlinken wir am alle nötigen Informationen. In den sozialen Netzwerken findet ihr Hopeland hier:
Hallo ihr Lieben…wie schön, wieder von euch zu lesen, eure Videos und Fotos zu sehen und dadurch ein ein Gefühl des Dabeiseins zu haben. Ja es ist eine großartige Aufgabe,der ihr euch gewidmet habt. Toll. Ich bin stolz auf euch. Jetzt seid ihr ja noch einmal dort. Wünsche euch eine gute Reise… Heimreise und freue mich schon mega auf euch. Euch mal wieder in den Arm nehmen…juchuuu denk an euch. Paulimama