Ein Tag mit Corinna oder das Phänomen des Zufalls

Auf unserem Weg nach Linz waren wir an einem späten Nachmittag wie üblich auf der Suche nach einem Stellplatz für die Nacht. Das kann ganz schön knifflig sein. Natürlich wollen wir am liebsten ein bisschen weg von der Zivilisation um keinen zu stören, ein Wald mit entsprechenden Wegen zum befahren wäre schön, um abends ein Feuer zu haben. Auch ein Platz mit Aussicht auf einer Lichtung am Hang wäre klasse aber dann noch eine gerade Stelle zum Parken zu finden….unmöglich oder teuer. Gleichzeitig knurrt bei fortschreitender Stunde auch gerne mal der Magen, was sich auch auf die Stimmung auswirkt. Nur allzu oft waren wir kurz vorm Verzweifeln bevor wir dann am Ende doch ein hübsches Plätzchen erwischt haben. Zurück zu dem besagten Nachmittag.

Wir trafen am Ende einer dieser vielen kleinen Serpentinen in Alpennähe auf den Promberger Hof. Dort gab es zu unserer Freude auch einen kleinen Selbstbedienungsladen mit frischen Eiern von Hühnern welche gleich daneben im Außengelände ein glückliches Leben hatten. Nur interessehalber wanderte ich ein bisschen am Gehege entlang und entdeckte einen perfekten Stellplatz auf einer Wiese in der Nähe. Er war gerade, die Wiese trocken und die Aussicht fantastisch. Aber so dreist uns einfach da in die Nähe von einem Bauernhof auf die Wiese zu stellen waren wir dann doch nicht. Ich ging in einen angrenzenden Pferdestall und traf auf eine nette Frau welche uns den Besitzer dieser Wiese verriet. Dieser gab uns ohne zu zögern die Erlaubnis dort zu parken und erlöste uns von vielleicht einer weiteren Stunde mit suchen nach einem Übernachtungsplatz. Überglücklich parkten wir auf der Wiese und fingen an zu kochen. Begleitet wurde dies von dem Schauspiel eines herannahenden Gewitters. Gerade als wir mit dem Essen anfangen wollten kam uns die Frau aus dem Pferdestall besuchen, die natürlich mitbekommen hatte, dass wir letztendlich nicht zu Fuß, sondern mit einem großen weiß blauen Auto auf die Wiese gefahren sind. Diese Frau war Corinna. Sie brachte uns aus dem Nichts eine Flasche Weißwein, ein paar Kekse und eine kleine Sonnenblume. Wir hätten mit allem gerechnet aber nicht mit so einer Gastfreundschaft. Oft ist das ganze andersherum. Vielleicht zwei von 100 Reisenden mit umgebautem Transporter verhalten sich nicht ordnungsgemäß, sondern hinterlassen ihren Müll an Ort und Stelle. Ich muss euch nicht erzählen wie dann über alle anderen 98 automatisch gedacht wird…Schublade auf, Schublade zu. Corinna allerdings war das egal. Sie selbst war früher viel auf Reisen und hat ihr Leben danach Tieren in Not gewidmet. Diese Verantwortung und der Wunsch zu Reisen lässt sich oft schwer vereinen, also holt man die Welt in Form von Reisenden eben zu sich nach Hause. Corinna ließ sich auch nicht davon abbringen uns am nächsten Tag frische Brötchen und selbstgemachte Marmelade zu bringen. Da beschlossen wir, einen Tag mit ihr und ihren Tieren zu verbringen. Auf ihrem kleinen Hof fanden viele Pferde, Hühner und ein Hund ihr zu Hause. Allesamt wurden von ihren ehemaligen Besitzern verstoßen und fanden ihr neues Zuhause in Corinnas Obhut. Ich begann den Tag damit das älteste Pferd zu striegeln dem ich je begegnet bin. Apollo war bereits 40 Jahre alt und total verrückt nach Äpfeln. Danach mistete ich den vormitag über Ställe aus und hatte nach einer Kaffeepause einen Einblick in die Arbeit eines Hufeisenschmieds. Zwischendurch gab es immer wieder kurze Streicheleinheiten für Higgins, Corinnas Hund. Wir hatten einen interessanten Tag zusammen und fuhren am Nachmittag weiter Richtung Linz.

Eine ähnliche Situation passierte uns ein paar Wochen später in Slowenien. Wieder kurz vorm Verzweifeln fanden wir eine frisch gemähte Grünfläche mit wunderbarer Aussicht. Auch die sehr nette Besitzerin fand ich durch Zufall, als ich Spaziergänger auf der Wiese ansprach und nach dem Besitzer dieser fragte. Sie gab uns die Erlaubnis dort zu parken und verriet uns den Standort ihres Wohnhauses für den Fall, dass wir etwas bräuchten. Wir waren erneut sehr angetan von der Offenheit und Herzlichkeit der Slowenen und hatten eine ruhige Nacht unter klarem Himmel. Am nächsten Morgen dann hörten wir, gerade als wir losfahren wollten, Schreie aus einem benachbartem Waldstück. Wir fuhren in die Richtung um zu sehen ob vielleicht jemand Hilfe brauchte. Wir trafen auf drei Fahrradfahrer die wir auf die Schreie ansprachen. Es stellte sich heraus, dass die Frau aus der Gruppe einfach Angst vor Bären hatte und diese bei Einfahrt in den Wald durch Lärm vertreiben wollte. Wir wurden aufgeklärt, dass Slowenien die Heimat von vielen Braunbären ist was uns im ersten Moment ein bisschen schockte, im zweiten dann aber schnell wieder auf den Boden brachte. Wir hatten zu diesem Zeitpunkt bereits viele Nächte tief im Wald von Slowenien verbracht und nie eine Spur von Bären gesehen. Wir kamen dann mit allen drei Radfahrern ins Gespräch und erzählten den Leuten von unserer Reise, wo wir herkommen und schon waren. Diese empfahlen uns dann den Osten Sloweniens und seine Weinregionen. Nach weiteren fünf Minuten des netten Gesprächs stellte sich heraus, dass einer das Radfahrer aus genau dieser Region kam und dort einen Freund hatte, welcher selbst Wein produzierte. Er machte eine Anruf, ließ eine Flasche Wein für uns auf seinen Namen schreiben und reichte uns eine Karte mit der Adresse von seinem Freund Milan Hlebec in Kog. Da wir eh nichts wichtiges an diesem Tag vorhatten entschlossen wir uns spontan noch am selben Tag nach Kog zu fahren. Dort angekommen trafen wir auf ein hübsches kleines Hotel inmitten vieler Weinberge. Wir trafen Milan Hlebec senior der uns unseren Stellplatz mit Strom und Wasser hinter dem Hotel zeigte. Nachdem wir am Abend dann bereits ein Glas Wein verkosten durften, entschlossen wir uns spontan bei der Weinernte zu helfen. Den nächsten Tag über halfen wir fleißig beim ernten der leckeren Trauben, welche sofort danach zur nächstgelegenen Mosterei gebracht wurden. Als Dankeschön bekamen wir alle Mahlzeiten an diesem Tag sowie eine Packung mit verschiedenen Rot- und Weißweinen geschenkt. Freundlichkeit und Offenheit hat uns bis jetzt auf unserer Reise schon viele Türen für tolle Möglichkeiten geöffnet. Diese beiden waren die schönsten.

1 Kommentar zu „Ein Tag mit Corinna oder das Phänomen des Zufalls“

  1. Och,ich will auch… super. Wieder empfinde ich so viel Freude beim Lesen der Zeilen und Betrachten eurer Fotos.
    👋👋👋👋❤️
    Ja vor Bären hätte ich auch ein bissl Schiß. Die Berge sind auch so schön. Da bekommt ich richtig Lust. Meine Füße machen nur noch nicht mit. Euch noch viele schöne Tage.😘

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert